Das Gletscherhaushaltsjahr 2023/24
Nach der Gletschermessung am 10.9.2023 liegen die Temperaturen in den Hochlagen der Karnischen Alpen bis Ende Oktober fast durchwegs deutlich über den Mittelwerten. Der gesamte Herbst bringt eine positive Temperaturabweichung von rund 3,5°C. Während die erste Herbsthälfte niederschlagsarm verläuft, kommt es vom 20. Oktober bis zum 10. November wiederholt zu teils kräftigen Niederschlägen. Fällt der Niederschlag zunächst in Form von Regen, wintert es im Eiskar mit einem Italientief und kräftigen Schneefällen zwischen 30. Oktober und 7. November ein. Die nächsten Schneefälle setzten dann erst zum Monatswechsel von November auf Dezember ein, als es im Eiskar rund 100mm Niederschlag gibt. Die Schneefallgrenze steigt zwischenzeitlich auf knapp 2300 um zum Schluss bis ins Tal abzusinken. Im weiteren Monatsverlauf kommen nur wenige Zentimeter Neuschnee zusammen. Erst am Silvestertag schneit es im Eiskar nochmals 30cm.
Mit Jahresende ist die Schneehöhe zwar unterdurchschnittlich, die Schneedecke für die Jahreszeit jedoch bereits sehr kompakt.
Der Jänner bringt bis knapp über die Monatsmitte immer wieder leichte Schneefälle im Eiskar. Mehr als rund 75cm kommen jedoch nicht zusammen und die Niederschlagsmengen bleiben insgesamt knapp unter den langjährigen Mittelwerten. Vom 20. Jänner bis zum 7. Feber 2024 bleibt es in den Karnischen Alpen niederschlagsfrei. Danach setzt eine niederschlagsreiche Periode ein, welche mit einer kräftigen Südlage rund um den 23. Feber ihren Höhepunkt findet. Binnen 48h kommen im Eiskar rund 150cm Neuschnee zusammen. Bis Mitte März schneit es in den Karnischen Alpen mehrmals rund 15 bis 30cm. Nach einer niederschlagsarmen Phase zwischen 10. und 22. März fallen in den letzten 10 Märztagen im Eiskar rund 300mm Niederschlag. Dabei werden auch große Mengen an Saharastaub abgelagert. Während die Schneefallgrenze zunächst noch unter 2000m liegt, steigt die Schneefallgrenze am 30. bzw. 31 vorübergehend über 2300m. Zum Niederschlagsende am 1. April schneit es wieder deutlich unter 2000m herab. Die großen Niederschlagsmengen zusammen mit der hohen Schneefallgrenze führen zu sehr großen Lawinenabgängen von der Oberen Kellerwand hinab ins Eiskar.
Auf diese winterliche Phase folgt eine außergewöhnliche Wärmeperiode, welche am 14. April mit bis zu 30°C im Tal ihren Höhepunkt erreicht. Am 16. April beendet eine Kaltfront diese erste Schmelzphase und sorgt im Eiskar für rund 40cm Neuschnee. Bis zum 25. April schneit es in den Karnischen Alpen nochmals rund 50cm. Nach einigen sehr warmen Tagen und frostfreien Nächten schneit es Anfang Mai im Eiskar nochmals rund 30cm.
Ab dem 4. Mai liegen die Temperaturen meist über 0°C und die sommerliche Ablationsphase setzt ein. Im gesamten Mai kommt es zu keinem nachhaltigen Kaltluftvorstoß. Wiederholt auftretende Niederschläge fallen im Eiskar überwiegend in Form von Regen. Am 8. und 17. Mai sinkt die Schneefallgrenze vorübergehend aber auf rund 2200m. Nennenswerter Neuschnee mit rund 20cm fällt am südlichsten Gletscher Österreichs oberhalb von rund 2200m nochmals am 31. Mai 2024.
Im meteorologischen Sommer gab es im Eiskar keinen einzigen nennenswerten Kaltlufteinbruch. Ganz im Gegenteil, der Sommer 2024 war ex aequo mit 2003 der wärmste Sommer der Gebirgsmessgeschichte, welche in den Südalpen bis 1851 zurückreicht.
Über Wochen hinweg lagen die Temperaturen um 5°C über dem langjährigen Durchschnitt. In den Karnischen Alpen verlief der Sommer jedoch deutlich zu trocken. Dies ist für das Eiskar tendenziell positiv, denn sommerliche Niederschläge fallen auf diesem niedrig gelegenen Gletscher meist in Form als Regen und verstärken tendenziell die Schnee- und Eisschmelze.
Im klimatologischen Herbst kam es nach einem außergewöhnlich milden Start um den 12. September, unmittelbar nach der Gletschermessung, zu einem ersten Wintereinbruch. Im Vergleich zu den Nordalpen fielen die Neuschneemengen in den Südalpen jedoch gering aus.
Zusammenfassung:
Ein schneereicher Winter in Kombination mit einem warmen aber trockenen Sommer führte im Eiskar zu einem recht neutralen Gletscherhaushaltsjahr.
Aussehen des Gletschers am Messtag:
Im Gegensatz zum Vorjahr (2023) waren noch größere Teile des Gletschers mit Altschnee (Schnee vom Winter 2023/24) bedeckt.
Blankeis trat nur an einzelnen Stellen zu Tage. Der Großteil des Gletschers war, wie schon in den letzten Jahren, schuttbedeckt.
Der Eisscheitel war im Herbst 2024 im Bereich des Gletscherrandes komplett mit Altschnee bedeckt. Dadurch konnte in diesem Bereich von den Messmarken nur die Distanz zum Schnee und nicht zum Gletschereis gemessen werden.
Die Markierung an dem für die Fließbewegung maßgeblichen Steinblock lag noch unter Schnee.
Am Wandfuß, dem eigentlichen Nährgebiet des Gletschers, konnten sich im Gletscherhaushaltsjahr 2023/24 nur geringe Rücklagen bilden.
Am Wandfuß wird seit mittlerweile 30 Jahren der Eis-, Firn- oder Schneeoberrand an der begrenzenden Felswand markiert. Im Bereich dieser Markierung lag der Schneerand im Jahr 2024 um rund 2,5 m über dem Eisrand vom Herbst 2023
Messergebniss:
Die Längenmessung zum Eisrand konnte heuer nur an einer der acht Messmarken durchgeführt werden; an der vom Altschnee freien Marke zog sich der Gletscher um 0,8m zurück.
Im Herbst 2024 war nur einer der vier Eispegel frei und konnten nachgemessen werden. Der Einsinkbertrag der Gletscheroberfläche an diesem Eispegel (östlicher Gletscherteil) lag bei -0,6m.
Am Wandfuß lag der Schneerand wieder rund rund 2,5m über dem Niveau von 2023.
In der Altschneedecke wurde auch im September 2024 wieder ein rund 2m tiefer Schneeschacht gegraben um die Schneedichte zu ermitteln (620kg/m³). Zusätzlich wurde an rund 16 Punkten die Schneehöhe
mittels einer mehreren Meter langen Lawinensonde gemessen.
Auf Basis der gesammelten Daten (Ablationspegel, Schneehöhensondierung und Messung der Schneedichte) lässt sich am Eiskargletscher für das Haushaltsjahr 2023/24 eine annähernd ausgeglichene Massenbilanz (-65 mm Wasseräquivalent) abschätzen (vgl. Abbildung 3).
Die Gletscherzunge sowie der Eisscheitel bilanzierten dabei leicht positiv, der östliche Gletscherlappen sowie der Bereich des Wandfußes leicht negativ.
Die Gletscherzunge war im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren wieder großflächig mit Altschnee bedeckt.
Die am oberen Rand eines Felsrückens am Zungenansatz liegende Messmarke S07 lag fast unmittelbar am Schneerand. Beim oberhalb des Zungenansatzes befindlichen Eispegel (C) betrug die Schneehöhe noch über 6,5 m!
Der letzte verbliebene Eisstrang zwischen dem Gletscherlappen und der tiefer gelegenen Gletscherzunge war am Messtag mit rund 1 m Altschnee bedeckt und an der schmalsten Stelle 9,7 m breit.
Der Eisrand am unteren Ende der Gletscherzunge lag unter Schnee und konnte deshalb nicht eingemessen werden.