Gletscherhaushaltsjahr 2020/21
Im September 2020 kam nach der Gletschermessung am 8.9.2020 noch für rund zwei Wochen zu anhaltender Schnee- und Eisschmelze. Mit einem ersten markanten Kaltluftvorstoß vom 25. auf den 26. September 2020, der im Eiskar rund 20cm Neuschnee brachte, endete die Ablationsphase des Jahres 2020. In den ersten Oktobertagen regnete es im Eiskar nochmals sehr stark. Erst am Ende des Niederschlagsereignisses sank die Schneefallgrenze unter 2000m und läutete damit den Beginn der winterlichen Akkumulationsphase ein. Im Laufe des Oktobers kam es in den Karnischen Alpen wiederholt zu leichten bis mäßigen Schneefällen.
Der November 2020 verlief in den Alpen ausgesprochen mild und niederschlagsarm. Aufgrund der negativen Strahlungsbilanz kam es im Eiskar aber zu keinen Schmelzprozessen mehr.
Mit Anfang Dezember änderte sich die Wetterlage schließlich grundlegend. Ein Kaltluftvorstoß brachte in den Karnischen Alpen zusammen mit einem Mittelmeertief extrem starke Niederschläge. Im Eiskar fielen binnen einer Woche mehr als 500mm Niederschlag. Am Gletscher handelte es sich dabei praktisch ausschließlich um Schnee. Zusätzlich zu den großen Neuschneemengen kamen auch noch zahlreiche Lawinen, welche in dieser Zeit von der Oberen Kellerwand auf den Gletscher abgingen und dort große Mengen an kompaktem Lawinenschnee ablagerten. Rund um die Weihnachtsfeiertage sowie den Jahreswechsel kam es in mehreren Staffeln zu rund 1 bis 1,5m Neuschnee. Zwei Niederschlagsereignisse in der letzten Jänner- bzw. ersten Feberdekade sorgten im Eiskar nochmals für jeweils rund 1m Neuschnee. In den zwei Monaten von Anfang Dezember 2020 bis Anfang Feber 2021 fielen im Eiskar rund 900mm Niederschlag, ausschließlich in Form von Schnee!
Nach dieser außergewöhnlich neuschneereichen Phase kam es in den Karnischen Alpen bis Mitte April 2021 zu keinen nennenswerten Niederschlägen. Aufgrund der trockenen und relativ kalten Luft kam es aber noch zu keinen Schmelzprozessen am Eiskargletscher. Mit Mitte April stellte sich das Wetter wieder um. Die nächsten Wochen brachten für die Jahreszeit meist deutlich zu kaltes und unbeständiges Wetter. Alleine im Mai gab es imEiskar in Summe 12 Tage mit Schneefall. Die Neuschneemengen selbst fielen zwar nicht mehr allzu groß aus, durch die kühle Witterung kam es aber weiterhin zu keinen Schmelzprozessen.
Die winterliche Akkumulationsphase endete schließlich mit einem kräftigen Graupelschauer am 27. Mai 2021.
Wie schon im Jahr 2019 erfolgte der Übergang von winterlichen zu sommerlichen Verhältnissen extrem rasch. Während der Mai in den Hochlagen der Karnischen Alpen noch um rund 2,5K zu kalt verlaufen war, bilanzierte der Juni um rund 3K über dem langjährigen Durchschnitt. Im gesamten Monat gab es im Eiskar kein nennenswertes Frostereignis mehr. Im Juli setzt sich das milde Wetter weiter fort. Auch im Juli sank die Lufttemperatur im Eiskar nie unter den Gefrierpunkt. Der Juni und Juli 2021 brachten im Eiskar eine der stärksten Schmelzphasen der letzten Jahre.
Im August blieben die Temperaturen in den Südalpen knapp unter dem Mittel von 1981- 2010. Dadurch lagen die Schmelzraten in diesem Monat deutlich unter den Werten der beiden Vormonate. Der September verlief in den Karnischen Alpen relativ mild und niederschlagsarm. Außergewöhnliche Wärmeperioden fehlten in diesem Monat. Durch die zunehmende Beschattung des Eiskars durch die Obere Kellerwand verlangsamten sich die Schmelzprozesse zunehmend, fanden jedoch erst am 6. Oktober 2021 mit dem ersten Schneefall der beginnenden Wintersaison ihr endgültiges Ende.
Zusammenfassung:
Der Frühwinter verlief im Eiskar wie schon im Jahr 2019 extrem niederschlagsreich. Der kühle Frühling sorgte dafür, dass die Akkumulationsphase erst Ende Mai endete. Im Vergleich zum Kalenderjahr 2020 fiel die Schmelzsaison dadurch um rund zwei Monate kürzer aus. Der warme aber nicht extrem heiße Sommer 2021 konnte die winterlichen Rücklagen bei weitem nicht abschmelzen.
Aussehen des Gletschers am Messtag
Am 11. September 2021 waren noch rund 72 % der Gletscherfläche mit Altschnee bedeckt (vgl. 2020: 38%). Der westliche Gletscherteil (Gletscherzunge, Eisscheitel, zentraler Lawinenkegel) war fast durchgehend mit Schnee bedeckt. Nach Osten fanden sich nur mehr in Rinnen und Mulden größere Abschnitte mit Altschnee. Hier überwog das schuttbedeckte Eis. Rund 28% des Gletschers (vgl. 2020: 61%) waren mit Schutt bedeckt. Blankeis trat keines zu Tage.
Das im Jahr 2018 ausgeaperte Felsfenster, wurde erst im Laufe des Monats August schneefrei und vergrößerte sich in seiner Größe nur unwesentlich.
Das im Jahre 2017 neu entstandene Felsfenster im oberen Bereich der Gletscherzunge war heuer noch nicht schneefrei.
Der Ansatz der Gletscerzuneg war im Herbst 2021 an der schmalsten Stellen 35,1m breit (vgl. 2020 22,3m) und entspricht damit exakt dem Wert aus dem Jahr 2013.
Messergebnisse
Die Längenmessung zum Eisrand konnte an keiner der acht Messmarken durchgeführt werden. Da der Eisrand an allen Messmarken unter Altschnee lag.
Von den insgesamt vier im Eis eingebohrten Eispegeln war nur jener im östlichen schuttbedeckten Gletscherteil schneefrei. Der Einsinkbetrag im Vergleich zum Vorjahr betrug hier 0,1m. Seit 2008 nahm die Höhe der Gletscheroberfläche hier um 7,6 m ab.
Wie schon im letzten Jahr stieß das Schneehöhensondierungsteam immer wieder auf Eisschichten, welche mit der Lawinensonde nicht durchdrungen werden konnten. Aus diesem Grund musste die Schneehöhe in manchen Bereichen wie etwa der Gletscherzunge anhand der Julimessungen abgeschätzt werden.
Die maximale gemessene Schneehöhe betrug im September 2021 10,5m!
Zur Erstellung der Massenbilanz wurde etwa auf halber Höhe zwischen dem Altschneerand am Eisscheitel und dem Wandfuß ein 2,4 m tiefer Schneeschacht gegraben. Die Schneedichte betrug über den gesamten Abstich 620 kg/m³ (vgl. 2014: 650 kg/m³). Aufgrund der gesammelten Daten (Ablationspegel, Schneehöhensondierung und Schneedichtemessung) lässt sich am Eiskargletscher für das Haushaltsjahr 2020/21 ein mittlerer Massengewinn von etwa 1650 mm (+/- 20%) Wasseräquivalent abschätzen. Umgerechnet auf die gesamte Gletscherfläche würde diese einer Eiszunahme von rund 1,8 m entsprechen.
Arbeiten am Gletscher
Neben der klassischen Längenmessung, welche heuer nur zum Schneerand durchgeführt werden konnte, wurde auch wieder ein Schneeschacht zur Bestimmung der Schneedichte gegraben. Zusätzlich wurde an 22 Punkten die Schneehöhe gemessen. Gerade die Schneehöhenmessung stellte das Messteam aber aufgrund der hohen Schneedichte sowie Eiseinschlüsse im Schnee vor große Probleme. Für die kommenden Jahre ist es geplant die Schneehöhenmessung auf GPS oder Drohnenaufnahmen umzustellen. Die Umsetzung (technisch und finanziell) ist jedoch noch offen.