Das Gletscherhaushaltsjahr 2011/12
Das Gletscherhaushaltsjahr 2011/12 zählte zu den gletscherabträglichsten der letzten Jahrzehnte. Auf einen extrem niederschlags- und schneearmen Winter folgte einer der wärmsten Sommer seit Beginn der Messaufzeichnungen.
In den Wochen nach der Gletschermessung 2011 setzte sich die seit August anhaltende starke Schnee- und Eisschmelze weiter fort. Der September gehört zwar noch zum „alten“ Haushaltsjahr, leitete im Herbst 2011 aber einen ausgesprochen „schlechtes“ Jahr 2011/12 ein. Im Oktober kommt es in der ersten Monatshälfte zu keinen nennenswerten Schneefällen. Erst in der letzten Dekade sorgen zwei Italientiefs für Neuschnee. Anfang November liegen am Gletscher rund 25 bis 50cm Schnee. Nachdem es Anfang November nochmals rund 50cm schneit, beginnt eine scheinbar nicht endenwollende Trockenperiode. Bis Ende April schneit es im Eiskar nie mehr als ein paar Zentimeter und der wenige Neuschnee, welcher fällt, wird vom teils stürmischen Nordwind meist aus dem Kar verblasen. Die Spitzenböen erreichen dabei bis zu 138km/h!
Erst Ende April kommt es in den Karnischen Alpen zu ergiebigen Neuschneemengen. Über Tage hinweg schneit es immer wieder in wechselnder Intensität. In Summe kommen so gut 200cm Neuschnee
zusammen.
Mit Monatsende ist es mit den Schneefällen auch schon wieder vorbei, im Mai gibt es wiederum keine nennenswerten Schneefälle.
Nach dem schneearmen Winter folgt dann auch ein ausgesprochen milder Bergsommer. Schon bei der Begehung Ende Mai liegt erwartungsgemäß wenig Altschnee am Gletscher. Der Juni sorgt schließlich
dafür, dass beinahe der gesamte Altschnee abschmilzt und Anfang Juli liegen nur mehr in wenigen Bereichen 1-2m Altschnee. Besonders eine Hitzewelle kurz nach Sonnenhöchststand (Ende Juni bzw.
Anfang Juli) sorgt für massive Schneeschmelze. Zu dieser Zeit ist beinahe das gesamte Eiskar sonnenbeschienen und somit der starken Einstrahlung ausgesetzt. Nach einigen kühleren Tagen Mitte Juli
gehen die Temperaturen in der zweiten Monatshälfte wieder rasch nach oben. Auch im August setzt sich das milde Wetter fast ohne Unterbrechung fort. Nur ein Mal kühlt es markant ab, nennenswerter
Neuschnee fällt am südlichsten Gletscher Österreichs aber nicht. Ende August liegen zwar weite Teile des Gletschers bereits im Schatten, die Temperaturen sinken jedoch auch in der Nacht kaum
unter 8°C, wodurch die Firn- und Eisschmelze unvermindert stark anhält. Erst wenige Tage nach der Gletschermessung sorgt ein Kaltfrontvorstoß zunächst für 70mm Regen und in weiterer Folge noch
für einige Zentimeter Neuschnee.
Aussehen des Gletschers am Messtag:
Im Gegensatz zu den letzten Jahren zeigt der Eiskargletscher Anfang September 2012 wieder alle Anzeichen starken Zerfalls. Im östlichen Gletscherteil haben sich ausgesprochen große Schmelzwasserklüfte gebildet. Anhand eines Distanzmessgerätes konnte eine maximale Tiefe der Schmelzwasserkanäle von bis zu 12m gemessen werden. Entlang des Wandfußes sind alle Firnrücklagen der letzten Jahre abgeschmolzen und der einst mächtige mittlere Lawinenkegel ist komplett zerfallen. Unterhalb des einstigen Lawinenkegels ist ein weiterer breiter und rund 3m tiefer Schmelzwasserkanal entstanden. Nach Westen hin haben sich am Wandfuß einige kleinere Spalten gebildet, welche auf das starke Abschmelzen des Gletschers in diesem Bereich zurückzuführen sind.
Etwas besser gestaltet sich die Situation am Eisscheitel. Hier ist der Eisrand noch mit Firn der letzten Jahre bedeckt, im Vergleich zum Vorjahr hat die Firnmächtigkeit hier jedoch um etwa 4m abgenommen.
Der Zungenansatz ist heuer wieder fast komplett ausgeapert. Nur mehr wenige Zentimeter Firn liegen hier über dem Blankeis. Nachdem dieser Bereich in den letzten Jahren gut mit Schnee und Firn bedeckt war, sorgt hier der Sommer 2012 für starke Schnee- und Firnschmelze. Aktuell ist der schmalste Teil der Gletscherzunge nur mehr 19,5m breit und die Mächtigkeit liegt rund 1m unter dem Niveau von 2008, als dieser Bereich zum letzten Mal frei von Altschnee oder Firn war.
In der Gletscherzunge sind im Vergleich zum September 2011 zwar ebenfalls rund 4m Firn abgeschmolzen, noch ist aber der gesamte Zungenbereich mit Firn bedeckt, welcher eine Mächtigkeit von zumindest 2m aufweist.
Messergebnisse:
Von den Messmarken zu Ermittlung der Längenänderung waren nur jene im östlichen Gletscherteil sowie jene am Zungenansatz frei von Firn, jedoch konnte nur beim Messpunkt am Zungenansatz ein Rückgang von 0,4m im Vergleich zum Jahr 2008 gemessen werden. Die Längenänderung des Gletschers ist somit als stationär anzugeben.
Die Messungen an den Eispegeln zeigten jedoch ein ganz anderes Bild. Von insgesamt 3 Eispegeln konnten 2 aufgefunden werden, nur jener am Zungenansatz liegt noch unter Firn. Seit der Gletschermessung im September 2011 ist der Gletscher im östlichen schuttbedeckten Abschnitt um 99cm eingesunken, wobei 10cm der Eisschmelze noch auf den milden September 2011 zurückzuführen sind. Der Eispegel im Bereich des Eisscheitels war zum ersten Mal seit dem Herbst 2008 frei von Firn oder Altschnee. Der Einsinkbetrag des Gletschers beträgt an dieser Stelle 90cm, wobei der Eispegel erst im August 2012 ausaperte. Binnen 4 Wochen sind hier also gut 90cm Gletschereis abgeschmolzen. Am Wandfuß, am Eisscheitel und an der Gletscherzunge sind im Vergleich zu 2011 rund 4-5m Firn abgeschmolzen.
In Summe ergibt sich für das Haushaltsjahr 2011/12 zwar kein Längen- jedoch ein deutlicher Masseverlust.